Seit wir auf den Shetlands sind, ist es praktisch windstill. Jede Wasserfläche liegt da wie ein Spiegel, auch die Nordsee…
Dabei hatte uns jeder vor den heftigen Winden hier gewarnt!
So hatten wir gestern beschlossen, dieses Wetter zu nutzen, um mit der einmal pro Tag fahrenden, kleinen Fähre auf die östlich vorgelagerte Insel Moussa zu fahren. Auf dieser Insel leben nur jede Menge, z.T. seltene Seevögel und viele Schafe. Aber auf ihr steht ein sehr gut und in fast voller Höhe erhaltener Wohnturm aus der Eisenzeit(.”Broch”, mehr als 2500 Jahre alt). Solche Brochs gibt es nur in (Nord-)Schottland, also eine einmalige Gelegenheit, sich so etwas anzusehen!
Wir fuhren also über kleinste Straßen zum Anleger der kleinen Fähre – freuten uns in der Wartezeit über die spielenden Seehunde direkt vor uns! – und gingen dann an Bord.
Dank der Windstille war es eine ruhige Überfahrt, wir konnten also den trockenen Humor der beiden Fährmänner genießen.
Auf der Insel folgten wir etwa eineinhalb Kilometer lang dem Schafspfad und dann lag dieses beeindruckende Bauwerk vor uns. Etwa 13 m hoch, doppelwandig und mit phantastischem Verständnis für Statik erbaut bietet der Turm ein fast vollständiges Bild des damaligen Wohnens!
Turm und Landschaft fordern geradezu zum Skizzieren, Farbensammeln, Fotografieren und Eindrücke festhalten heraus!
Aber man soll sich nicht von dem sanften Tag täuschen lassen! Ich habe viele Pflanzen hier gesehen, die noch in Nordschottland üppig und hoch am Straßenrand wuchsen, hier aber höchstens noch zwei Zentimeter hoch waren… Irgendwie auch kein Wunder, befinden wir uns doch hier auf….
Den Rest des Nachmittags befuhren wir die Westküste der südlichen Hauptinsel, bzw. zwei kleine Inseln davor (Burra). Denn die sehr bergige Westküste fällt direkt und steil ab zum Wasser, es gibt keinerlei besiedelten Küstenstreifen! Überhaupt sind die Shetlandinseln sehr bergig, sehr karg, sehr einsam, so unser bisheriger Eindruck.
Auf den Inseln entdeckten wir ein paar “Ausnahmeponys”: die meisten dieser robusten, liebenswerten Kerlchen leben nämlich halbwild in den Weiten der Berge und Hochmoore! Aber ein paar sind immer wieder mal auf einer Weide zu entdecken, nahe genug für Fotos:
Heute morgen nahm uns das Nieselwetter die Entscheidung ab, Ausflug oder Besorgungen und Museum? Kartons, Luftpolsterfolie, Klebeband… Postkarten, Briefmarken, Lebensmittel….Wolle, Strickmuster, Museum(x2)…. Alles erledigt! Und wieder alles begleitet von freund(schaft-)lichen Begegnungen und Austausch – was für ein besonderes Völkchen!
Eins noch zum Schluss: laut einer Infotafel im Visitor Center von Hoswik hat sich diese ganze, sehr beeindruckende Strickkultur hier auf den Shetlandinseln entwickelt, weil zum einen die erst plündernden und später siedelnden Horden der Nordmänner (um 800 n.Chr.) auch neue Schafrassen mitbrachten. So entstand durch Kreuzung der verschiedenen Rassen ein weicheres Garn, das sich besser zum Stricken als zum Weben eignete (wobei “weich” hier sehr relativ ist…). Bald schon erfanden fleißige Strickerinnen auch den Strumpf. Der wurde zum anderen eine derart begehrte Ware, dass sich manch ein Lehnsherr, auch der Bischof von Norwegen, das Lehn in Strümpfen entrichten ließ…. Der Verdienst durch Heimarbeit wurde so äußerst lukrativ.