Sturm und Regen….

….und ich sitze im Aufenthaltsraum des Pub’s, in dem wir vorausschauend gestern für zwei Nächte gebucht haben! Angenehme Musik, alte Sessel, hinter mir der Kamin (leider nicht an), durch die Fenster der direkte Blick auf den zentralen Platz in der sehr alten, kleinen Stadt Woodbridge. Der Postbote kämpft sich durch das Wetter.

Dies ist jetzt hintereinander das dritte sehr alte Haus in dem wir übernachten. Die beiden anderen lagen aber so zauberhaft mitten in der Landschaft, das eine in einem Flusstal, dass das Internet auch Pause machte. Und gestern haben wir endlich mal wieder über 45 km geschafft, so dass ich zu müde zum Schreiben war. Ich weiß, ich MUSS ja nicht schreiben. Es ist auch mehr die Erklärung, dass etwas dazwischen kommen kann – und sicher auch immer öfter kommen wird, je weniger bevölkert die Gegenden sein werden, durch die wir kommen.

Um also wieder bei dem Papagei “Ernie” von vorgestern anzuknüpfen:  wir hatten ein herzerfrischend munteres Frühstück! Nicht nur dass der Vogel im Raum herum spazierte und die unglaublichsten Geräusche und Imitationen von sich gab, sondern auch seine Besitzerin unterhielt uns lebhaft und anschaulich mit Anekdoten über den kleinen Gesellen! Wir lachten und staunten gleichermaßen.

Und doch mussten wir uns trennen und auf den Weg nach Colchester machen. HIER musste es doch nun endlich eine Möglichkeit geben, die notwendige Anschlusskarte des National Cycle Network zu bekommen! Oder wenigstens etwas ähnlich Brauchbares. Pustekuchen!! Uns ist inzwischen bewusst, was für ein Glück wir hatten, gleich in Dover die Karten von Kent und Essex kaufen zu können! Und, wie auch in dieser Hinsicht, wunderbar es ist, dass wir in Norwich die Tochter eines verstorbenen Freundes von mir besuchen können. Denn dorthin konnten wir die nördlichen Folgekarten bestellen!

Das Netteste, was Colchester für uns bereit hielt, war noch ein praktisch handzahmes Eichhörnchen im Park.

Lisette war völlig aus dem Häuschen, als es auch von ihr ein Stückchen Keks abholte!!

Leider war ich nicht fix genug mit der Kamera…vielleicht, weil ich das Erlebnis selbst so genossen habe!

Später erfuhren wir noch, dass Colchester die älteste, urkundlich erwähnte Stadt Englands ist. Und ihr historisches Erbe pflegen die Engländer im Detail auch sehr. Allerdings ist das Drumherum um die Sehenswürdigkeiten oft wohl nur früher noch pittoresk gewesen. Heute empfinden wir grade in den größeren Städten eher eine gewisse Schäbigkeit. Grade gestern war Ipswich mit seinen Hochhaus-Bauruinen in der Innenstadt ein Paradebeispiel dafür. Ich habe den Antrag gestellt, WENN es möglich ist, mal eine Zeitlang Innenstädte zu meiden. Mal ganz abgesehen davon, dass es sehr zeitaufwändig ist, hinein und wieder hinaus zu finden…

Man kann sich sicher unschwer vorstellen, was für ein Gegensatz es dann war, am Abend im Stour Valley in Debham Hall in einem Haus zu übernachten, das in Teilen aus dem 17. Jahrhundert stammt, liebevoll und mit gutem Gespür für das Haus restauriert und ausgestattet!

In der direkt daneben stehenden Scheune, die z.T. noch aus dem 14. Jahrhundert stammt, ist ein Ort für Kunst-workshops, gehalten von hoch dotierten Malern, eingerichtet…! Das Ganze ist umgeben von einem großen, alten Gartengrundstück und liegt praktisch am F!uss Stour. Hier in der Gegend hat der englische Maler John Constable gewirkt und der Ort Debham lebt noch heute davon. Ein Paradies in den sehnsüchtigen Augen der Schreiberin dieser Zeilen.

Von Debham aus konnten wir gestern noch ein kleines Stück unserer Karte folgen, danach mussten wir uns allein auf die Schilder mit der Eins im roten Quadrat und eine  grobe Straßen-Übersichtskarte verlassen. Das hat Rainer erstmal ziemlich die Petersilie verhagelt. Und Wind, leichter Niesel und sinkende Temperaturen taten ein Übriges (seit gestern tragen wir wieder die gleiche Zwiebel-Schalung wie zu Beginn unserer Reise….).

Wir haben also in Ipswich mal wieder ein Café – dieses Mal in Form eines Burger-Restaurants – aufgesucht…..Und sind am Ende des Tages gut im The Bull Inn hier in Woodbridge gelandet. Ich bin überzeugt, dass die hier eingelegte Wetter-Pause uns in jeder Hinsicht guttut!

Einmal schmunzeln gefällig? Wir hatten uns zu Beginn der Reise “Sporks” (Spoon+Fork) ins Gepäck gesteckt. Meiner ist leider schon zerbrochen und eignet sich nur noch für bittere Erkältungsmedizin. Aber dafür picknicke ich jetzt edel…

In einem dieser schönen “arts&craft”-Geschäfte, in die man entweder nur mit ganz viel Geld und einem Kofferraum vor der Tür hineingehen darf oder ganz und gar ohne Geld (oder mit einem voll beladenen Fahrrad vor der Tür…), entdeckte ich unsere Ebenbilder. Rainers und meine Ersatz-Regenjacken sind nämlich gelb und pink…

Und zum Abschluss noch ein Eindruck davon, wie weit die Natur hier ist:

        .

Jetzt dürft ihr euch eine Lesende an Stelle der Schreibenden vorstellen…..

Morgen geht es weiter.

3 Antworten auf „Sturm und Regen….“

  1. Ach, wie ist es immer schön, morgens bei einer Tasse Kaffee von Euch zu lesen 😉 und dabei auch gleich etwas zu lernen. Sprichwörter sind ja eine sehr regionale Geschichte, denn bis dato kannte ich die verhagelte Petersilie überhaupt nicht. Danke für die lustige Erweiterung meines Wortschatzes 😉

  2. Hi Ute,

    Your trip through Essex brings back many memories of my younger days visiting my Grandparents in Chelmsford and then later in Colchester. Grey squirrels were a regular feature in their garden. Maldon by the waterfront and Dedham were also a regular haunts though they’ve much changed in the thirty years since I first remember them and their proximity to London pushed up prices. Perhaps ( we can’t quite remember ) Dedham is where I first met Ulli’s parents before they all drove off to Harwich and the ferry back to Germany. Two months later Ulli came back. 14 years later we’re married with three kids 🙂

    Safe travels.

  3. Liebe Ute, bitte fühle Dich nicht genötigt, täglich in diesen Blog posten zu müssen! Auch wenn wir hier jedes Mal wieder freudig Neuigkeiten von Euch erhaschen möchten. 😉
    Ich kenne das selbst: Habe in meinen Urlauben auch oft Tagebuch geführt; gerade weil man bei Rundreisen die vielen Eindrücke festhalten möchte, die schnell durch neue Eindrücke ersetzt werden (war halt noch nicht so modern wie dieser Blog). Auch um nichts zu vergessen und sich später anhand der Aufzeichnungen wieder schmunzelnd daran erinnern zu können. Trotzdem fand ich es abends im Zelt oft “nervig”, jetzt noch etwas schreiben “zu müssen”, statt sich der Erhohlung und dem Relaxen hinzugeben; weiter in in einem guten Buch zu lesen, noch zu klönen oder einfach das müde Haupt im Schlafsack zu betten (ja – es waren meist Campingausflüge! 🙂 ).
    In diesem Sinne: Wir warten weiterhin auf jede Neuigkeit, aber macht nichts, wozu Ihr keine Lust habt. Dafür habt Ihr Euch ja Eure Auszeit auch genommen. 🙂
    Trotzdem werde ich regelmäßig unregelmäßig weiter hier reinschauen! 😉
    Cheers, Jens

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